08. Dezember: Falko verpasst das Knochenfabrik Cover von Oasis auf dem Rock am Ring 🙁

Schulter an Brustkorb, Stiefel auf Vans, Fuß auf Fuß. Bier im Becher, Bier in der Luft, Bier auf Rock am Ring Shirt. Durchdrängeln, wie ein Pflug sich durch das Menschenfeld pflügen. Beleidigt werden. Umarmt werden. Aus dem Augenwinkel abgewertet werden. Stinken. Darüber sprühend Deodorant schichten. Sommermelange kreieren. Bier exen. Jemand Helga rufen hören. Schwindelig werden. Hinter einem Dixi Drogen nehmen. Herzschlag spüren. Wir müssen los jetzt sagen. Rennen, fallen, Schweiß auf staubigem Dreck verlieren. Wieder wie ein Pflug sich durch das Menschenfeld pflügen. Tanja umarmen. Sonnenbrille aufsetzen. Die Hände in die Luft werfen. Den Umbau beklatschen. Die Sonne bewundern. Die wunderschöne Sonne bewundern. Wegen der wunderschönen Sonne die Fassung verlieren. Tränen aus den Rändern der Augen wischen. Über die Spiegelung in Achims schneller Brille staunen. Die schnelle Brille albern finden. Schön finden, dass Achim sie schön findet. Achim das sagen. Achim sagen, wie lieb man Achim hat. Achim den Nacken massieren. Sich aus Achims Schwitzkasten befreien. 

„Ich glaub, euer Freund hatte ein bisschen zu viel“, sagt der Typ vor uns. „Der wurde mit ein bisschen zu viel geboren“, antworte ich und klatsche Falko mit der flachen Hand auf den Nacken, lege Falko den Arm um die Schultern und zeige so, dass ich ihn unter Kontrolle habe. „Du kannst dich jetzt wieder umdrehen“, drohe ich dem Typen, aber der rollt nur langsam mit den Augen. „Falko, die Langweiler blühen auf, verstehst du?“ Falko nickt. Aber der checkt nichts, es ist wie immer. 

Kribbeln in den Händen, in der Brust, in der Stirn spüren. In den Nebenhöhlen Eruptionen von Glücksvulkanen befürchten. Mitgerissen werden. Unter Räder kommen. Kontrolle verlieren. Hey, du siehst aber cool aus, mir ist heiß, hat jemand was zu trinken sagen. Trocken würgen. Von Tanja besorgt angeschaut werden. Wie die Sonne in die Erde taucht und den Himmel und alle Gesichter so unfassbar einfärbt, als wären wir eins, als wären wir ein großer wundervoller Organismus, das ist doch nicht normal, denken. Was ist denn bitte normal, Achim, Tanja, lasst uns mal drüber reden, wegen was normal ist und wo die Grenze verläuft und ob wir nicht alle gleichermaßen im Übergang sind ständig, immer, lasst uns mal umarmen, sagen. Ohje fühlen, was zur Hölle passiert hier fürchten, Liam oder Noel auf die Bühne gehen sehen, unter der Wucht eines ersten Gitarrenakkords zerbersten, zerschmelzen, sich auflösen. Unter dem zweiten Gitarrenakkord das Ich verlieren. Das wars, das war ein schönes Leben denken. Au revoir sagen. 

Champagne Supernova, literarisch. 

“Falko, du Vollidiot!”, höre ich jemand sagen und noch bevor ich mich traue, die Stimme einer Person zuzuordnen, sehe ich Tanjas Gesicht vor mir. “Du kannst doch nicht von irgend so einem Milchbauern vom Dorf Drogen kaufen. Bist du bescheuert?“ Ich liege auf so einem Feldbett im Sanitätszelt. Um mich nur besoffene Opfer. Überall wird gekotzt und gejammert. Ich hänge an einem Tropf und bin schon wieder seltsam klar. Tanja ist rasend vor Wut. „Und weißt du was?“ Ich traue mich nicht, ihr in die Augen zu schauen. „Hörst du das, Falko? Hörst du das?“ Sie fuchtelt mir mit den Händen vorm Gesicht herum und zeigt in irgendeine Richtung. „Das ist das Ende der Zugabe. Wir haben Oasis verpasst du absoluter Taugenichts.“ Fuck, denke ich, während ich mir versuche den Kopfschmerz aus den Schläfen zu reiben. „Wir haben fucking Oasis verpasst, weil du mal wieder deine Ego-Show abfeuern musstest. Es ist das letzte Mal, dass ich dir helfe. Wir haben Oasis verpasst, Falko! Wegen dir!“ Sie pulsiert auf der Stelle, weiß nicht wohin mit sich und wirft mir ihr Phone auf die Brust. Aua. „Schau dir das an!“ Ich nehme das Phone in die Hand und muss die Augen zusammenkneifen, um etwas zu erkennen. Die Pupillen sind scheinbar immer noch groß wie Teller. „Sie haben Filmriss von Knochenfabrik gecovert, Falko! Checkst du, was wir verpasst haben? Oasis! Haben! KNOCHENFABRIK GECOVERT!“, schreit sie, „du hast den wichtigsten Moment unseres Lebens sabotiert!“ Es stimmt. Wäre es nicht Tanja, die mir das zeigt, ich würde es für ein abgefucktes AI-Cover halten. Tanja reißt mir das Phone aus der Hand und stürmt davon. Ohne zurückzublicken streckt sie mir hinter ihrem Rücken ihre Mittelfinger entgegen.